Die Abrechnung der
Zukunft ist digital

Der digitale Abrechnungsprozess

Abrechnungen und Kostenvoranschläge werden heute noch in Papierform verarbeitet. Massen an Papier müssen von Leistungserbringern entweder selbst bearbeitet werden oder werden im Idealfall an einen Abrechnungsdienstleister versandt. Dieser übernimmt die Prüfung und Bearbeitung der Abrechnungsbelege, um die sichere Auszahlung für den Leistungserbringer zu gewährleisten. Viele Schritte sind in diesem Abrechnungsprozess bereits digitalisiert. Weitere wichtige Meilensteine auf dem Weg zur digitalen Abrechnung werden das eRezept, die eVerordnung sowie papierlose Abrechnung und Telematikinfrastruktur sein. Warum es hierbei um mehr geht, als um das Einsparen von Papier oder das Einscannen von Belegen, erfährst Du im Interview.

Quelle: Fachmagazin Hörakustik (Ausgabe 09/2021) – Das Interview für die Hörakustik führte Gudrun Porath

Interview-Partner:

Mathias Felst
– Leiter Markt opta data focus

Bernhard Kötte
– Business Development Manager Hilfsmittel, opta data Finance GmbH
 

Redaktion: Die Digitalisierung ist in der Gesundheitsbranche sehr lange nur sehr langsam vorangekommen. Jetzt kommt Bewegung ins Spiel. Wie reagiert opta data darauf?

Mathias Felst: In der Gesundheitsbranche waren wir sehr lange in einer sehr statischen Situation. Das hat sich geändert. Durch die Pandemie und die Gesundheitspolitik kommt auf einmal in Bezug auf die Digitalisierung eine Dynamik ins Spiel, die wir zuvor nicht erlebt haben. Viele Unternehmen, auch opta data, sind darauf gut vorbereitet, weil sie die Entwicklung bereits seit einiger Zeit begleiten. Es gehört zu ihrem Geschäft.

Auf der anderen Seite haben wir die Leistungserbringer wie Hörakustiker. Deren Kernkompetenz ist eine andere als die unserer Software-Entwickler. Wir sehen es als unsere Aufgabe an, die Leistungserbringer auf dem Weg der Digitalisierung zu begleiten, sie aktiv mitzunehmen. Wir wollen unsere Kunden da abholen, wo sie sich gerade befinden und das ist sehr unterschiedlich. Uns geht es dabei nicht nur um Kommunikation, sondern in erster Linie um die Anwendung von Produkten und Tools in den Betrieben unserer Kunden, die geeignet sind, die eigenen Prozesse zu optimieren. Das ist einer unserer Schwerpunkte.

Wir versuchen, ganzheitliche Konzepte für unsere Kunden zu entwickeln und da spielt Digitalisierung eine ganz große Rolle. Ob es nun um die Branchensoftware, Abrechnungs- oder Finanzprozesse, Buchhaltungsprozesse, Verwaltungsprozesse, Serviceprozesse oder Marketingservices geht. Wir bieten über den gesamten Versorgungsprozess Leistungen an. Was wir früher analog gemacht haben, erfolgt jetzt digital.

Die Branchensoftware des Leistungserbringers ist dabei eigentlich kein klassisches ERP-System mehr, also ein klassisches Verwaltungs- und Organisationsprodukt, sondern eine digitale Schaltzentrale, mit der ich meine Verwaltung steuere, meine Abrechnungs- und Finanzprozesse, mein digitales Archiv, meine Kundenkommunikation, Kostenvoranschläge, Bestellungen und die Telematik-Infrastruktur.

Redaktion: Das eRezept steht kurz vor der Einführung, auch die eVerordnung ist bereits terminiert. Wie sieht die aktuelle Abrechnung mit den Kostenträgern aus und wo gibt es Fortschritte?

Mathias Felst: Momentan läuft es noch so: Der Hörakustiker macht seine Abrechnung in der Branchensoftware, druckt die Unterlagen nochmal aus, schickt sie mit der Post oder per Bote zu opta data, opta data nimmt die Unterlagen an, bearbeitet und digitalisiert sie, schickt sie zum Kostenträger, zahlt parallel das Geld an den Leistungserbringer aus und schickt dann die digitalisierten Unterlagen zurück in das Online-Kundencenter. Hier findet der Hörakustiker alle wichtigen Infos zu seiner Abrechnung.

Mit unserem neuen Produkttarif egeko connect bilden wir einen digitalen Prozess ab, der parallel zur klassischen Abrechnung läuft, solange wir noch mit Papier arbeiten müssen. Bei diesem Prozess schickt der Hörakustiker die Daten schon direkt per Knopfdruck aus der Branchensoftware heraus digital an opta data. opta data gleicht die eingereichten Papierunterlagen mit den digitalen Daten ab, führt diese zusammen, macht eine Plausibilitätsprüfung und sendet beides zum Kostenträger, der Geldfluss folgt. In einigen Pilotprojekten, an denen wir gerade arbeiten, wollen die Kostenträger übrigens schon heute gar kein Papier mehr sehen.

Bernhard Kötte: Mit egeko connect haben wir einen Tarif entwickelt, um die Daten aus der Branchensoftware im Rechenzentrum anzunehmen. Über das egeko-System als Datendrehscheibe läuft ja bereits der elektronische Kostenvoranschlag. Einige Kassen bekommen von uns heute neben dem Datensatz auch nur noch die Images des Papiers. Sind die Daten bearbeitet, schicken die Kassen sie zurück und wir stellen sie dem Kunden über egeko direkt in seiner Software zur Verfügung. Der Kunde kann seine Buchhaltung automatisiert auf den neuesten Stand bringen. In der Hörakustik sind wir aktuell noch nicht ganz soweit, aber im Bereich Sanitätshaus wird schon jedes zehnte Rezept bei uns so bearbeitet.

Mathias Felst: Zum Euha wollen wir egeko connect mit ausgewählten Hörakustikern, die unsere Software AkuWinOffice von der ipn Software GmbH aus Husum im Einsatz haben, in einer Pilotphase testen. Wenn die Pilotierung erfolgreich ist, kann die digitale Abrechnung im ersten Quartal 2022 flächendeckend in den Markt gehen.

Redaktion: Wo sehen Sie die wichtigsten Vorteile der digitalen Abrechnung?

Mathias Felst: Der richtig große Vorteil wird sein, dass der Hörakustiker die Daten direkt in seine Branchensoftware zurückgespielt bekommt. Das ist neu und das gab es vorher noch nicht. Dem entsprechend hat er einen geringeren Aufwand in seiner Finanzbuchhaltung, weil zum Beispiel offene Posten regelmäßig automatisch geschlossen werden. Es findet immer ein Abgleich statt. Das steigert die Qualität der Finanzbuchhaltung und der digitale Prozess erleichtert zugleich die Arbeit. Der zweite große Vorteil ist ein Prüfmechanismus, mit dem Rückläufer deutlich reduziert werden. Auch erhalten die Mitarbeiter Fehlerreports und werden so immer besser.

Redaktion: Können von dem egeko connect Tarif auch Kunden profitieren, die nicht eine opta data-Branchensoftware wie die von ipn nutzen?

Mathias Felst: Natürlich wollen wir mit ipn und opta data und später auch mit der Telematik-Anbindung unseren Kunden gerne ein Gesamtpaket aus einer Hand anbieten. Aber wir betrachten auch alle Geschäftsmodelle separat. Wir haben auch Abrechnungskunden, die keine Software aus der opta data Gruppe im Einsatz haben. Daher arbeiten wir mit offenen, also für jeden Softwareanbieter nutzbaren Schnittstellenkonzepten, damit alle unsere Abrechnungskunden von unseren Innovationen profitieren können.

Genauso ist das mit unserem Konzept für die Telematikinfrastruktur (TI). Wir wollen auch hier Maßstäbe für die Hörakustik setzen, weil wir uns selbst ja auch als Innovationstreiber bezeichnen.

Redaktion: Telematikinfrastruktur ist ein gutes Stichwort. Worauf müssen sich Hörakustiker jetzt schon einstellen?

Bernhard Kötte: Aktuell besteht noch kein akuter Handlungsbedarf. Selbstverständlich arbeiten wir heute schon an der Umsetzung. In einigen anderen Branchen sammeln wir bereits Praxiserfahrung. In der Hörakustik kann ab 2024 die freiwillige Anbindung erfolgen, ab Juli 2026 ist die Anbindung verpflichtend. Dann soll die eVerordnung freigeschaltet sein. Unsere Kunden können darauf vertrauen, dass sie zu gegebenem Zeitpunkt auch eine einfach umzusetzende Lösung von uns bekommen werden, die alle Anforderungen ganz easy erscheinen lassen.

Mathias Felst: Im Bereich TI gibt es aktuell nur wenige Anbieter, die Leistungserbringer an die TI anbinden. Die Software ist das zentrale Element als Eingangspunkt und Ausgangspunkt der TI. opta data hat dazu mit curenect ein Joint Venture gegründet, zu dem Experten gehören, die schon bei der Gematik dabei waren. Generell stehen unsere TI-Experten mit Dr. Jan Helmig an der Spitze in einem engen Austausch mit der Gematik und vor allem auch den Verbänden der Leistungserbringer.

Redaktion: Herr Felst, Herr Kötte, wir danken für das Gespräch.

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